Partys, Konsum und Prävention: ein Kommentar
Der Konsum illegaler Substanzen auf Partys stellt ein vielschichtiges Dilemma dar, das verschiedene relevante Bereiche berührt. Die Mehrdimensionalität dieses Themas gestaltet sich oft als schwer fassbar. Um das volle Ausmaß dieser Thematik zu begreifen, müssen gesundheitliche, rechtliche und ideologische Aspekte in Betracht gezogen werden.
Aus gesundheitlicher Sicht ist der Konsum von bewusstseinsverändernden Substanzen ungesund. Rangführend mit den meisten Todesfolgen aufgrund des Konsums sind hierbei Tabak und Alkohol. Ebenfalls belegen sie top Ränge, wenn es um das Suchtpotential der Substanz geht. Dies scheint jedoch die große Mehrheit weniger zu stören. Vielmehr ist es ihr ein Dorn im Auge, wenn junge (und auch ältere) Menschen auf ein breiter gefächertes Repertoire an Substanzen für ihre Abendgestaltung zurückgreifen. Amphetamin, MDMA, Ketamin, LSD oder Kokain sind einige der gängigsten und altbewährten Drogen, welche auf Partys und Raves oft aufzufinden sind. Alt bewährt sich aus diesem Grund, da der Konsum auf Veranstaltungen kein Phänomen jüngerer Geschichte ist, sondern in langer Tradition der Beat-Generation und Hippie-Bewegung der 1950er und 60er steht. Ein Phänomen aus der Generation unserer jungen Großeltern, für das nicht die junge Generation von heute zu verantworten ist. Alt bewährt sich aber auch aus dem Grund, da die Wirkstoffe dieser Substanzen ausführlich erforscht und die Risiken einigermaßen abzuschätzen sind. Der Markt von Rauschmitteln ist jedoch aufgrund der hohen Profite mit schlechter Qualität und Research Chemicals gefüllt. Das Risiko, welches man beim Konsum eingeht, vergrößert sich dementsprechend um einen unbekannten Faktor. Der Mangel an Aufklärung zum Thema Drogen und die Unsicherheit der Qualität der Substanz führen dazu, dass der Konsum von Substanzen mit als eher gering eingeschätzten Risiko fatale Folgen haben kann. Schlüssel hierfür ist der richtige Umgang mit Konsum und Risikoverhalten, doch oftmals fehlt es in diesem Bereich an Aufklärung und rechtlichen Rahmenbedingungen.
Das wohl bedeutendste Beispiel dieses Mangels an rechtlichen Rahmenbedingungen ist die Null-Toleranz-Drogenpolitik Italiens. Zum Konflikt kommt es dann, wenn die Gesetzeslage verhindert, dass Konsumenten Substanzen auf Veranstaltungen testen lassen können.
Unter Drug-Checking versteht man die chemische Analyse von zumeist auf dem Schwarzmarkt gehandelten psychotropen Substanzen, um potentielle Konsumenten vor besonders gesundheitsschädlichen Präparaten warnen zu können und somit die Gefahren, die beim Konsum von Substanzen mit einer nicht bekannten Zusammensetzung entstehen können, zu vermindern und Drogenmündigkeit zu fördern.
Konkret ist dies zum Beispiel ein Drogenprüfstand auf einer elektronischen Tanzveranstaltung, an dem die mitgebrachten Drogen auf Wirkstoffgehalt und Zusammensetzung getestet werden können. Idealerweise gibt es auch umfangreiches Informationsmaterial zu den Substanzen. In verschiedenen europäischen Ländern gibt es bereits Möglichkeiten zum Drug-Checking wie zum Beispiel in Österreich, den Niederlanden und der Schweiz. In Spanien und in Frankreich wird Drug-Checking von staatlichen oder halbstaatlichen Stellen betrieben.
In Deutschland unterscheidet sich die Situation je nach Bundesland und in Italien ist es auf Partys eben verboten. Das Abschätzen der Risiken ist um ein Vielfaches einfacher, wenn man sich sicher sein kann, dass die konsumierte Substanz auch die Versprochene ist. Das Testen von Rauschmitteln wird in Italien jedoch als Weitergabe/Verkauf aufgefasst und ist dadurch von strafrechtlicher Relevanz. Diese restriktive Drogenpolitik führt zu einer Marginalisierung von Konsumenten, da sie weder Lebensraumorientierten Kontakt zu ihnen herstellt noch die Möglichkeit bietet, unnötiges Risiko zu vermeiden.
Die Präsenz von Drogen auf Veranstaltungen wird oftmals auch als Vorwand für das Auflösen von Veranstaltungen benutzt. Das umstrittene „Decreto Rave”, welches als Reaktion einer Free Party im vergangenen Jahr in Italien erlassen wurde, stützt sich auf das Anti-Mafia Gesetz. Ziel sei es, den Handel und Konsum von Rauschmitteln einzuschränken. In Realität bietet es jedoch die Grundlage zur Diskriminierung einer Kultur-Bewegung, welche für strukturelle Probleme, die in der Szene herrschen verantwortlich gemacht wird.
Definierend für strukturelle Probleme ist, dass sie die Rahmenbedingungen für das Handeln von Menschen darstellen, bzw. das Handeln dieser beeinflussen. Beispiele für strukturelle Probleme in der Partyszene sind: Perspektiven- bzw. Arbeitslosigkeit, Eskapismus, das teils illegale Milieu der Party-Szene, sowie Politikverdrossenheit, welche sich in mangelnder Bereitschaft zur Partizipation in demokratischen Prozessen äußert. Diese Umstände formen die Szene in eine Richtung, welche der konservativen politischen Bewegung Angriffsfläche bietet. Dabei sind gerade diese Themen Zuständigkeit der Politik und es wäre zielführender und kostengünstiger, die Ursachen der Probleme zu beheben, anstatt reaktiv gegen die Ausuferungen dieser strukturellen Probleme vorzugehen.
Die strafrechtliche Relevanz für Veranstalter, macht eben diese Verantwortlich für den Konsum der Besucher, wobei dieser außerhalb ihres Einflussgebiets liegt. Vielmehr benötigt es eine Zusammenarbeit von Event Veranstaltern und geschultem Personal in der Präventionsarbeit.
Es braucht mehr Aufklärung und Bewusstsein für die Risiken des Drogenmissbrauchs und Konsumenten sollten als Individuen wahrgenommen werden, anstatt das Milieu als Ganzes zu verurteilen. Die Idee der Untergrund Musik Bewegung fasst die Teilnehmer als Individuen auf und lässt Spielraum für Selbstverwirklichung und Entfaltung. Die Kernwerte dieser Bewegung sind Individualismus, Toleranz und Respekt. Vor allem der Respekt vor der Location, den Mitmenschen und ihren Einstellungen sind ein Garant für das friedliche Miteinander auf diesen Veranstaltungen. Da diese Werte in der Eigenverantwortung der Besucher liegen, ist es schwierig, als Veranstalter Einfluss darauf zu nehmen. Auch der Konsum von Substanzen liegt in der Eigenverantwortung der Teilnehmenden. Als Organisator liegt das Hauptaugenmerk im Kreieren von Rahmenbedingungen, die ein sicheres Umfeld für jene Personen schaffen, die selbst das Risiko des Konsums eingehen. Die Präventionsarbeit vor Ort ist grundlegend für das Schaffen eines Bewusstseins zu Konsum und Konsumverhalten.
Selbstverständlich ist auch diese Art von Arbeit nicht gratis, weshalb die Kosten dafür von Veranstaltern getragen werden müssen. Hierbei wäre ein guter Ansatzpunkt der Politik Veranstaltern unter die Arme zu greifen und ihnen durch die (Teil-) Finanzierung der Präventionsarbeit, den nötigen Rückhalt zu bieten und damit die Anerkennung für das was sie machen: Kulturelle Events mit soziokulturellem Mehrwert für die Gesellschaft.
Das Verbannen der gesamten Bewegung in den Bereich der Illegalität ist meiner Meinung nach kontraproduktiv, da so die Gelegenheit verpasst wird, den Kontakt mit Personen zu knüpfen, welche auf Hilfe angewiesen sind. Zum Produkt hat dieses Vorgehen eine Szene, welche sich dem Einfluss rechtlicher Rahmenbedingungen voranschreitet, dadurch die Einflussnahme öffentlicher Interessen abnimmt und bei Partys Verhaltensweisen entstehen, welche der politischen Opposition Grundlagen für ihr Vorgehen liefert. Es gilt durch fruchtbare Rahmenbedingungen Akteure in der Szene zu motivieren und ihnen unterstützend zur Seite zu stehen. Möglichkeit dazu bestünde in Form einer Plattform, welche die Koordination zwischen Veranstaltern, öffentlichem Interesse und Behörden koordiniert, oder durch das Konzept eines „Nacht-Bürgermeisters“ welcher für die Interessen der Nachtszene politisch eintritt.
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